Einstieg ins „Aussteigen“- was braucht es?

Und was kann die Spinnerei als Plattform in der Region dazu beitragen?

Aktuell gibt es einen breiten Pool an jungen, gut ausgebildeten Menschen, die einen anderen Lebensweg gehen wollen als den „normalen“ (Schule, Ausbildung, Beruf/Karriere, Familie, Haus, Altersheim, Tod). Gesellschaftlich wird ihnen gern den Stempel „Aussteiger“ aufgedrückt, viele befinden sich einfach auf der Suche nach Alternativen.

Die meisten verbindet der Wunsch (die Sehnsucht?), etwas „anders“ zu machen, bzw. zu verändern und selbstwirksamer als bisher zu sein

Angebote, die diese Wünsche (Sehnsüchte) aufgreifen, gibt es verschiedenartige und zuhauf: WWOOF, Weltreisen, Pilgern, aber auch Angebote aus der TransitionTown Bewegung wie „urban gardening“, solidarische Landwirtschaft, Stadt-Imkern, Selbstreparaturwerkstätten usw.

Aber vielen ist  der Spielraum, in der Stadt ihre Träume zu leben zu gering, und sie richten ihren Blick auf den ländlichen Raum.

Doch dem Schritt, den Träumen die Tat folgen zu lassen, stehen oft Ängste und Hindernisse im Weg

Eine kleine Übersicht über diese Ängste und Hindernisse konnten wir in den letzten zehn Jahren gewinnen (z.B. in unserem Seminar „Wie gründe ich mein eigenes Hofprojekt auf dem Land?“ bei der Degrowth Konferenz in Leipzig 2014; im Austausch mit Gästen, Freunden und Bekannten). Die Spinnerei bietet bereits jetzt Unterstützung dabei an, diese Ängste und Hindernisse vor dem Schritt aufs Land zu minimieren:

Das Verlassen der Stadt bringt viele verschiedene (Verlust-)Ängste mit sich: Der befürchtete Verlust von Freundeskreis, bekanntem Alltag, möglicherweise des aktuellen Einkommens, von Freizeitangeboten und Hobbies – mögliche Folgen bei einem abrupten Umzug. Die Vorstellung „Gestern Mietwohnung gekündigt, morgen schon Vollzeit auf dem Land wohnen“ mit der Gefahr des kompletten Abbruchs gegenüber dem vorherigen Leben muss gar nicht sein!

Bereits jetzt schon ist die Spinnerei ein Ort, an dem Menschen Dinge beginnen, sich in Abläufe begeben und zu dem sie Freunde und Bekannte einladen, obwohl sie hier nicht leben. Hier probieren Menschen bereits gewohntes und „alltägliches“ Aussteigerleben, bevor sie überhaupt die Entscheidung treffen aufs Land zu ziehen.

Eine weitere Angst ist, auf dem neuen Lebensweg auf dem Land zu scheitern. Da scheuen sich viele Menschen vor dem Erwerb einer Immobilie. Die Option, sich auf einem Hof einzumieten, ist hingegen vielfach nicht vorhanden.

Wir glauben, dass die Option des „Probewohnens“ daher eine ideale Lösung ist, Menschen den Ausstieg zu erleichtern oder auch zu ermöglichen. So wollen wir, als Spinnerei, selbst diese Möglichkeit anbieten und andere dazu bewegen, dies auch zu tun.

Das Probewohnen ermöglicht Menschen den Zugang zu neuen sozialen Netzwerken. Es hilft, ein Bild davon zu bekommen, was das Leben im Dorf / auf dem Land bedeutet. Es schafft Klarheit für eine größere Entscheidung. Ein Immobilienkauf bzw. ein Einzug in eine bestehende Gemeinschaft ist dann viel einschätzbarer.

Die Frage, worauf man achten muss, wenn man die Entscheidung trifft, z.B. ein Haus zu kaufen, ist für Neulinge ein sehr verwirrendes Feld. Beratung durch die Spinnerei heißt hier, dass wir unsere eigenen Erfahrungen und Überlegungen teilen: Was lief bei unserem Entscheidungsprozess gut, was schlecht? Was haben wir seitdem dazugelernt? Zusätzlich können wir Unterstützung dabei anbieten, die eigenen Wünsche zu konkretisieren, Vorteile und Nachteile einer Immobilie abzuwägen, Mängel und notwendige Aufgaben einer Immobilie zu sehen usw. Der Austausch zu diesen Themen kann Menschen Selbstsicherheit bei solch großen Entscheidungen geben.

Bereits jetzt schon leben Menschen zeitweilig als Gäste bzw. „Mitbewohner auf Zeit“ in der Spinnerei, z.B. im Rahmen des WWOOF-Programms, bei welchem sie für Kost und Logis Mitarbeit leisten und viele Erfahrungen im alternativen Leben auf dem Land sammeln können.

Häufig treffen wir dabei auf „Wanderer“: Menschen, deren aktuelle Lebensphase im häufigen, bewussten Wechsel von Orten besteht, wo sie sich Inspiration, Austausch und Wissen aneignen, um danach weiter zu wandern oder ins alte Leben zurückzukehren.

Die „Wanderer“ bringen in die Spinnerei Motivation, Geschichten, Ideen, aber auch Anerkennung und Hilfe mit.

Wir sehen in wandernden Menschen auch einen großen Gewinn für das gesamte Dorf. Sie tragen ihre Eindrücke über Dorf und Region im positiven Fall als Werbung in andere Gegenden. Wenn es Austausch- und Kontaktmöglichkeiten ins Dorf gibt, kann dies zur Förderung eines vielfältigeren und toleranteren Welt- und Menschenbildes beitragen.

Zusammengefasst kann man sagen, dass der Ort oder die Plattform der Spinnerei zu einem stetigen Strom von Menschen führt. Dieser eröffnet umliegenden Ortschaften die Möglichkeit von Zuzug, er ermöglicht ein vielfältigeres kulturelles Dorfleben und er kann die Weltoffenheit und die Toleranz durch Erleben von „Fremden“ fördern.

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